Zeitzone: Pacific Standard Time PST = MEZ – 9h
Flugkilometer: 36.028
Die Ankunft ist der kritischste Punkt jeder Reise: mit vollem Gepäck irrt man in einer fremden Stadt umher, kann weder Leute noch die Gegend einschätzen, manchmal kennt man nicht mal die Kultur. Das wurde mir auch wieder bewusst als ich heute in Los Angeles in der Stadtbahn saß, um zu meinem Hostel zu gelangen. Nun weiß ich ja nicht erst seit Hawaii, dass öffentliche Transportmittel in den USA eher verpönt sind und meist von unteren Gesellschaftsschichten genutzt werden. Zum Glück findet allmählich ein Umdenken statt und die „Öffis“ finden mehr und mehr Akzeptanz – leider im Osten schneller als im Westen der USA.
Daher konnte ich hier im westlich gelegenen Los Angeles nicht so genau einschätzen, auf welche Mitfahrenden ich denn so stoße. Ein paar Verrückte findet man in der Bahn immer – auch gerne und viele in Berlin. Häufig erkennt man an den Ein- und Aussteigenden auch, in welcher Gegend man sich gerade befindet. Blöd ist dann nur, wenn alle „vernünftig Erscheinenden“ schon ein paar Stationen vor mir aussteigen und die Bahn in immer düstere Gegenden zu gleiten scheint. So ist es mir auf dem Weg zum Hostel auch ergangen … und es waren noch drei Stationen.
Entsprechend vorgeprägt nahm ich das Stadtviertel dann auch wahr.
Es erschien mir unsicher, ich schien umgeben von lauter Kriminellen. Mit vollem Gepäck marschierte ich zwei Straßenblocks zum Hostel. Laut Internet erwartete mich dort eine riesige Villa mit Pool – das schien mir aufgrund der Reihenhaus-ähnlichen Wohngegend aber immer unwahrscheinlicher.
Aber plötzlich stand sie vor mir: die Villa!
Die Gestalten, die dort rumliefen, wirkten etwas schräg, aber das ist bei Hostels normal. Hier war ich also richtig 🙂
In froher Erwartung ging ich den Check-In an. Der Hostel-Angestellte führte mich herum und zeigte mir den großen Pool, den Frühstücksraum und die überdimensionalen, mit Antiquitäten ausgestatteten Wohnräume der Villa. Und dann zeigte er mir mein Zimmer … im Haus gegenüber.
Hmm, in diesem „Reihenhaus“ war es nicht ganz so prunkvoll. Die Räumlichkeiten sind für ein Hostel vollkommen okay, nur standen hier alle Türen offen, keine Tür war abschließbar und es gab keine Fächer, in denen man seine Wertsachen verstauen konnte. Zudem waren die Sachen meiner drei nicht anwesenden Zimmerkameraden im Zimmer verstreut und zeugten nicht gerade von vertrauenswürdigen Besitzern. Da war es also wieder: das Gefühl der Unsicherheit.
Ich bereitete schon einen Notfallplan vor, der all meine Wertsachen irgendwo in einem Schließfach am Bahnhof in Sicherheit bringen sollte. Aber vorerst wartete ich gespannt auf meine neuen Zimmerkameraden.
Die drei Jungs passten allerdings zu ihrem Gepäck: Mit im Zimmer wohnten
- ein ständig übernett grinsender, argentinischer Animateur auf US-Reise, der sein ganzes Selbstbewusstsein auf seinen nur marginal vorhandenen Latino-Charme stützt
- ein texanischer Skater-Boy mit Bob-Marley-Frisur und unverständlichem Akzent (eine Mischung aus texanisch & verkifft). Seine ausgerufene Weltreise beginnt er hier – nur einen Katzensprung von Texas entfernt -, wo er tagsüber skatet und kifft, und nachts 12 Stunden schläft.
- ein etwas schüchterner Software-Entwickler aus Washington D.C., der wohl das erste Mal seinen dunklen Keller verlassen hat, um dieses „Real Life“ kennen zu lernen und sich vom Texaner das Skaten beibringen lässt – hätte er sich nicht gerade sein extra dafür gekauftes Skateboard klauen lassen.
Alles in allem ein bunter, wohl harmloser Haufen. Meine Wertsachen werde ich in den ersten Tagen aber trotzdem nicht im unverschlossenen Zimmer lassen.
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