Die Stadt ist langweilig. Ich versuche, ihr zu entkommen und entschließe mich zu einem Ausflug nach Pointe Denis. Auf dieser Halbinsel soll es einen tollen Strand geben. Und der gilt laut TripAdvisor als Sehenswürdigkeit Nr. 1 in Libreville … 10km entfernt von Libreville.
In Hotelnähe befindet sich ein kleiner Hafen, von dem aus soll ich mit einem Schiffchen (Franz. navette) dorthin gelangen. Das Internet bietet Mal wieder nur spärliche Informationen.
Ich gehe auf blauen Dunst zum Hafen. Er ist größer als ich dachte. Zumindest wirkt er größer, denn hier ist nichts ausgeschildert. Ich sehe mich um. Ich finde einen Platz, an dem mehre Leute stehen, einige mit Koffern. Ein Ticketverkauf ist hier nicht zu sehen, geschweige denn ein „Schiffchen“. Ich stelle mich dazu. Meine weiße Haut verrät mein Touristendasein. Die Anderen schauen mich etwas komisch an.
Einer der Wartenden, Lionel, spricht mich an. Ich frage, ob ich hier irgendwo ein Boot nach Pointe Denis finde. Er meint, ich sei hier genau richtig. Das Boot fährt gleich ab. Es kostet 7€ Hin und Zurück. Okay. Mein Instinkt lag richtig.
Ein paar Minuten später wird ein Schnellboot mit ca. 25 Sitzplätzen zu Wasser gelassen. Nicht das schönste Boot, aber es sieht fahrtauglich aus. Die ehemals Wartenden steigen ein. Ich tue ihnen gleich. Interessanterweise bezahlt niemand. Ich tue ihnen gleich. Wir fahren hinüber.
Wir kommen am Steg eines Strandhotels an. Der Strand ist tatsächlich schön. Alle Hinübergefahrenen begeben sich in das Hotel. Lionel führt mich ebenfalls dort hin. Er meint, ich könne mich doch den Tag über im Hotelbereich aufhalten. „Ich möchte lieber den Strand entlang wandern“, antworte ich. „Aber zum Mittag wirst du doch wohl vorbeikommen?“ Langsam fühle ich mich bedrängt. „Sprich das Mal mit der Chefin ab“ meint er.
Eine Frau um die 50 wird in einem Strandbuggy vorgefahren. Sie begrüßt mich etwas kühl und stellt sich erwartungsvoll vor mich. Muss ich jetzt ein Gedicht aufsagen?
Ich erkläre ihr, dass ich den Strand genießen will und gegen Abend dann wieder nach Libreville zurückfahren will. Ich schaue auch gern zum Mittag in ihrem schönen Hotel vorbei. „Ist das möglich?“ frage ich fast unterwürfig. „D’Accord“ antwortet sie kurz und widmet sich dann wieder ihren Chefangelegenheiten.
Irgendwann während dieses kurzen Gesprächs – gerade noch rechtzeitig – hatte mein Kopf die Fakten zusammengereimt: Das Boot gehört zum Hotel und wird für die Beförderung der Angestellten und Hotelgäste verwendet. Da ich weder Teller putzen noch ein Hotelzimmer buchen will, bin ich in der Bringschuld … und blöderweise auch noch abhängig von der Rückfahrgelegenheit.
Wie dem auch sei, ich laufe erst Mal ganz allein am Strand entlang, genieße Sonnenschein, frischen Wind und das kühlende Wasser an den Füßen …
… und ich spekuliere darüber, wie teuer das Mittag wird.
Was mir jedoch positiv auffällt: Die wenigen Leute, denen ich begegne, sind locker drauf, sie grüßen freundlich. Das ist in Libreville anders. Hier sind die Leute wohl Touristen gewöhnt, oder darauf trainiert zu grüßen.
Im Hotelrestaurant lasse ich den Nachmittag ausklingen. Ich komme mit Lionel etwas ins Gespräch. Wir plaudern bis an die Grenzen meines Französisch-Wortschatzes. Ich bekomme wieder etwas Lust, zu üben. Lionel geht es eher darum, meine Telefonnummer abzugreifen. Er ist erstaunlich offen. Wissen tut er nichts über Deutschland, doch er will dorthin reisen. Er hofft auf eine Einladung meinerseits.
Eine Einladung nach Deutschland kommt einer Bürgschaft gleich. Gefiele es ihm in Deutschland so gut, dass er untertaucht, so dürfte ich für die finanziellen Folgen aufkommen (Suche, Abschiebung, Bürokratie). Ich bin kein Mensch, der Jedem Böses unterstellt, doch das Risiko solch einer Einladung aufgrund einer kurzen Begegnung ist mir zu groß.
Meine Telefonnummer habe ich ihm trotzdem gegeben. Ich bin mal gespannt, wie das Ganze weitergeht. Jetzt habe ich neben meinem senegalesischen „Freund“, Briane dem Nachtwächter, auch einen gabunischen, Lionel den Cocktail-Kellner.
Neben dieser „Freundschaft“ habe ich aus Pointe Denis auch einen fetten Sonnenbrand mitgenommen. Bei meinem 4-stündigen Strandspaziergang hat mich die Äquator-Sonne voll erwischt. Erstaunlicherweise bin ich die letzten 2 Wochen gänzlich ohne Sonnencreme ausgekommen. Ich Teufelskerl! 😉
Pointe Denis war die Reise trotzdem wert.
0 Kommentare