Ich geb’s ja zu: Seoul reizt mich natürlich auch wegen der nahe gelegenen Grenze zu Nordkorea. Also habe ich eine Tour mitgemacht, bei der ich mir die DMZ – die 4km breite Grenzzone – angeschaut habe.
Beim Verlassen des knallig bunten, lebendigen Seoul wird einem schnell klar, dass es zur Grenze hin ernster wird. Die Autobahn liegt z.T. direkt an der Grenze/DMZ und ist an entsprechender Seite mit viel Stacheldraht versehen. Zudem erhebt sich alle 200m ein Beobachtungsposten mit MG-Nest und mindestens zwei Mann Besatzung. Das sagte unvermissverständlich: Ab hier ist Schluss mit lustig.
An (touristisch) geeigneter Stelle befuhren wir die DMZ, nicht ohne vorherige Passkontrolle durch die stark bewaffneten südkoreanischen Soldaten. In der DMZ wirkte es nicht weniger bedrohlich, was wohl nenben der Militärpräsenz auch an den Minenfeldern liegt, die sich links und rechts der Straße durch rote Hinweistafeln bemerkbar machten.
Im krassen Gegensatz zu der bedrohlichen Kulisse agierten jedoch die beiden Tour-Leiterinnen. Mit einer – für mich unerwarteten – quirlig-witzigen Art brachten sie uns die Umgebung und die koreanische Geschichte näher. Ich fragte mich die ganze Zeit, ob sie uns die Angst nehmen wollten? Oder ob es für sie zur Gewohnheit geworden ist? Oder war es ganz einfach südkoreanische Gelassenheit? Zumindest zeigte es Wirkung: die Stimmung bei den Tour-Teilnehmern war recht locker.
Wir durften uns nur zweieinhalb Stunden in der DMZ aufhalten. Blöderweise war es uns nur an wenigen Stellen erlaubt, Fotos zu machen. Wir besuchten 3 „Sehenswürdigkeiten“: einen der von Nordkorea illegal errichteten Tunnel unterhalb der DMZ (im Tunnel durften wir leider nicht fotografieren) …
… den Aussichtspunkt Dora mit Sicht auf das nordkoreanische Propagandadorf und die 160m hoch hängende Flagge …
… und den letzten Bahnhof vor Nordkorea, mit Anbindung an die Wirtschaftszone Kaesong und das nordkoreanische Schienennetz – es fahren nur keine Züge:
In der Joint Security Area, mit den bekannten blauen Häusern, war ich nicht. Hierfür hätte ich mich mehrere Wochen vorher anmelden müssen. Aber bereits die DMZ-Tour hat mir einen spannenden Eindruck und interessante Informationen vermittelt. Die Informationen genieße ich allerdings mit Vorsicht. Hier wird – auch von südkoreanischer Seite – mit allerlei Propaganda hantiert. Trotz der knappen Zeit – mussten sich alle Touristen ein 8-minütiges Filmchen anschauen, das voller triefendem Schmalz und offensichtlichem Patriotismus das böse Nordkorea dem guten Südkorea gegenüberstellte. Den Unsinn hätten sie uns ersparen können. Und dabei hört man immer nur von nordkoreanischer Propaganda.
Die Tour war auch wegen der Teilnehmenden interessant. Mit einem Malaysier sprach ich über die durchaus vorhandenen Parallelen zur deutschen Trennung. Zudem erzählte mir eine nette Japanerin von der japanischen Furcht vor der nordkoreanischen Bedrohung. Sie hatte sogar arge Bedenken, überhaupt in die DMZ zu reisen. Aber am Ende war sie etwas beruhigter und gab mir sogar Tipps für meinen baldigen Tokyo-Aufenthalt.
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