Heute will ich gar nicht so viel schreiben. Das nimmt ja Ausmaße an. Mal sehen, ob mir das gelingt.
Wie gestern schon angeklungen, begebe ich mich auf einen Ausflug in das Ourika-Tal. Auf 1500m Höhe gibt es viel Gebirge, einen Wasserfall und die Heimat des Berber-Volks zu sehen. Ein Skigebiet soll dort auch sein. Ich nehme wohl besser einen Pullover mit.
Wir drei Exkursionsteilnehmer, eine Australierin, ein Kanadier und ich, werden vom Hostelpersonal an eine Vertrauensperson übergeben. Nach kurzem Fußweg übergibt der uns an seine Vertrauensperson, die uns einen Fußmarsch entfernt in einen Geländewagen mit zwei Fahrern setzt. Im Geländewagen sitzen neben den Fahrern noch 2 weitere Tour-Teilnehmer, ein italienisches Pärchen. Der Geländewagen setzt sich ohne formelle Begrüßung in Bewegung.
Wir verlassen Marrakesch. Die Fahrer unterhalten sich – auf Arabisch. Uns 5 zusammengewürfelte, leicht gequetschte Touristen ignorieren sie weitestgehend. Für Unterhaltung sorgt lediglich das Autoradio, das genötigt wird, eine CD mit kitschiger Soul-Musik von Whitney Houston, Toni Braxton und Co. abzuspielen. Die Fahrer wirken beide nicht, als wären sie Fans von Whitney Houston. Sie denken wohl, dass der Archetyp des westlichen Touristen eben solch ein Fan ist.
Den Berg hinauf fahrend halten wir an mehreren Aussichtspunkten, zufälligerweise in direkter Nähe zu diversen Verkaufsständen. Man führt uns – und die vielen anderen Touristen – wie am Fließband durch Ölfertigungsprozesse, an den schönsten Quartzsteinen und an selbstgebastelten Ketten vorbei. Ich fühle mich als Geld produzierende gesichtslose Massenware. Ich lasse mich vom Fließband fallen und gehe die Landschaft genießen.
Nach 2 Stunden scheinen wir am Ziel angekommen, ein kleines Dorf im Tal des Ourika-Flusses. Hier gibt es jede Menge Restaurants und … andere Touristen. Und sonst so?
Die Kette des Vertrauens setzt sich fort: Die Fahrer übergeben uns an einen Bergführer. Er schaut skeptisch drein – im Nachhinein betrachtet macht ihn das noch vertrauensvoller. Er erklärt uns, dass wir jetzt eine halbe Stunde zum Wasserfall den Berg hinauf- und eine halbe Stunde wieder hinuntergehen. Na gut, ein bisschen Wandern kann ja nicht schaden. Der Weg beginnt mit kleinen Holzbrücken und in den Fels gehauenen Stufen, führt vorbei an kleinen Verkaufsständen mit Teppichen und Getränken. Ein 1x2m Teppich, genau der fehlt mir in meiner Wanderausrüstung!
Der Weg zum Wasserfall steigt immer mehr an, wird geländig, teils glibschig und bietet manche Fallhöhe. Eine Sicherung gibt es nicht, nur der Bergführer nimmt uns gelegentlich an die Hand. Drei Teilnehmer unserer kleinen Expeditionsgruppe fallen etwas zurück. Sie sind entweder schuh- oder fitnesstechnisch nicht optimal aufgestellt. Niemand von uns hat mit solch einer herausfordernden Kletterei gerechnet.
Ach ja, ich bin nicht unter den Zurückfallenden. Und: Ich habe jede Menge Spaß an der Kletter-Tour. Nicht nur deswegen hat sich der Aufstieg gelohnt:
Nach der Rückkehr ins Tal lassen wir 5 über den Berg getriebenen Touristen uns in einem Restaurant im Fluß nieder … ja richtig gelesen, im Fluss. Die Tische des Restaurants standen im trockenen Teil des Flussbetts. Wir verbrachten dort 1,5h. Es ist immer wieder lustig, wie solch ein erzwungen bunter Haufen Leute ein Gespräch auf die Beine stellt, zumal das italienische Pärchen zwar in London lebt, aber nur spärliches Englisch spricht.
Auf der Rückfahrt besuchen wir ein „typisches“ Haus des Berber-Volkes. Das Haus besteht aus Lehm, Stroh & Steinen. Im Haus befindet sich eine Steinmühle, um CousCous zu mahlen. Elektrizität gibt es nur für das Licht. Alles wirkt sehr urtümlich. Leben die wirklich so oder ist das nur für Touristen gemacht? Viele der Häuser im Gebirge sind – äußerlich zumindest – derart gebaut.
Zurückgekehrt im Hostel lasse ich den Tag ausklingen, mit einem frisch gepressten Orangensaft und einem schönen Sonnenuntergang auf der Dachterrasse.
Eines der 20-Mann-Zimmer soll übrigens fast komplett krank sein, aufgrund der Kälte. Bis zur 3. Etage ist es zum Glück noch nicht vorgedrungen. Ich bin guter Dinge, die 2 verbleibenden Nächte gesund zu überstehen.
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