Heute ist in den USA Black Friday. Ein Tag, an dem die Läden mit vielen großen Rabatten locken – dementsprechend gab es im Vorfeld viel (nervige) Werbung. Die Läden öffneten zumeist schon am späten gestrigen Nachmittag und hatten durchgehend geöffnet.
Auch im Mutterland des Kapitalismus lassen sich die Menschen nicht lange zu Rabattaktionen bitten, schon Stunden vor Ladenöffnung standen die Menschen Schlange … an Thanksgiving!! Warum soll man den Abend denn gemütlich im Kreise der Familie verbringen, wenn man ihn auch vor und im Einkaufszentrum beim Prügeln um die günstigsten Rabatte rumbringen kann. Na da wünsch ich doch viel Vergnügen beim Einkaufen!
Auch weil ich kein großer Fan des Einkaufsbummels bin, interessieren mich solche Aktionstage überhaupt nicht. Meine Einstellung dazu: nicht nach Rabatt und günstigem Preis einkaufen, sondern nach Notwendigkeit und Qualität. Allein das Einkaufen nach Notwendigkeit „spart“ manch unnütz für Plunder rausgeworfenen Taler.
Heute stand für mich nicht Einkaufen, sondern Sehenswürdigkeiten-Abklappern auf dem Programm. In Philadelphia gibt es wenige, aber dafür sehr geschichtsträchtige Sehenswürdigkeiten zu bestaunen:
In der Independence Hall wurden die Unabhängigkeitserklärung und die US-amerikanische Verfassung ausgestaltet und unterschrieben:
Viele US-Amerikaner assoziieren die Liberty Bell mit den Werten der Verfassung. Daher galt sie auch bei der Frauen- und der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung als wichtiges Symbol:
Als eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Stadt gilt Benjamin Franklin.
Das Haus, in dem er die letzten 5 Jahre seines Lebens verbrachte, wurde nach bestem Wissen aufwendigst rekonstruiert 😉 …
… Das ihm gewidmete Museum in unmittelbarer Nähe war jedoch nicht allzu spannend.
Spannender war für mich die Geschichte des Judentums in den USA:
Ich finde es immer wieder interessant, wie die Vergangenheit aus verschiedenen Perspektiven wiedergegeben wird, ob aus einer ethnischen, religiösen oder individuellen Perspektive. Insbesondere wurde hier eingegangen auf:
- die Immigration (ab dem 17. Jhd)
- die Beteiligung und geteilten Ansichten während der nationalen Kriege (Unabhängigkeitskrieg, Bürgerkrieg)
- den zweiten Weltkrieg: der Boykott Deutschlands und das Verhältnis zur von Antisemitismus durchdrungenen eigenen Nation
- die Gründung Israels: das sehr zugewandte Verhältnis zum jüdischen Staat und der Umgang mit Antizionismus
- der Einfluss auf die US-amerikanische Unterhaltungsbranche (Mel Brooks, Steven Spielberg, Barbara Streisand, …)
Und ich weiß nicht, wie es euch dabei geht: bei Ausstellungen zur jüdischen Geschichte habe ich immer ein sehr beklommenes, schuldbelastetes Gefühl. Die vielen Schuljahre, die mir historische Schuld einbläuen sollten, haben bei mir gefruchtet.
Mir ist auch immer noch nicht erklärlich, warum das jüdische Volk eine so stark von Vorurteilen und Verfolgung geprägte Vergangenheit durchlebt hat. Sicherlich haben auch andere religiöse Gruppierungen Verfolgung erlebt, nicht jedoch in solchem Ausmaß.
Das prägt die jüdische Gemeinde natürlich: In den verschiedenen Ausstellungen spürte man immer wieder die Angst vor aufkeimendem Antisemitismus oder Antizionismus. Ich finde es nur schade, dass diese beiden Strömungen immer wieder in einen Topf geworfen werden. Aber das ist ein anderes Thema …
Auf meiner Philadelphia-Tour habe ich auch die erste in den USA gegründete Bank gesehen *gähn*:
Gefängnisse finde ich viel spannender als Banken 🙂 So auch das Eastern State Penitentiary, eine aus dem frühen 19. Jahrhundert stammende Strafanstalt:
Die Anstalt war über 150 Jahre lang in Gebrauch und wurde einige Male umgebaut. Heute dient sie als Museum. Es war sehr spannend durch die teils restaurierte, teils heruntergekommene „Festung“ zu gehen und sie in verschiedenen Stadien ihrer Geschichte zu sehen:
Auch ein paar Prominente haben hier „gewohnt“ …
… sogar äußerst bequem:
2 Kommentare
lede65 · 8. Dezember 2014 um 9:20
Vorurteile und Verfolgung von Juden haben eine lange „Tradition“ in der Weltgeschichte, die schon in der römischen Zeit ihren Anfang genommen hat. Gründe dafür gibt es einige. (Ich vermute, der erste war, dass sie ihre eigene Gottheit hatten und nicht vor Jupiter und seinen Freunden im Dreck knien wollten.) Im Lauf der Geschichte ergaben sich auch immer wieder neue (Stichwort „Finanzjudentum“). Dahinter steckt nach meiner Theorie der Bedarf nach dem Arschloch im Wandschrank – einem Schwächeren, auf den man einprügeln kann, wenn es bei einem selbst gerade nicht so läuft…
Wie so etwas entsteht kann man gerade schön beobachten. Da es inzwischen ja verpönt ist, auf die armen Juden einzuprügeln, mussten wir uns neue Feindbilder suchen – da kamen uns die doofen Moslems gerade recht. Das wird durch den Verfassungsschutz sogar offiziell vorgebeben – damit wir alle schön dasselbe hassen und nicht einer blöd aus der Reihe tanzt. Durch das Hetzen gegen den „Islamistischen Terrorismus“ wird die ganze Sache dann noch moralisch legitimiert – den Rest erledigen Bild und RTL. Einfach und effektiv – und lenkt von den eigentlichen Problemen ab, mit denen wir uns lieber befassen sollten.
rori · 9. Dezember 2014 um 3:30
Ich gebe dir (und Volker Pispers 🙂 ) Recht mit dem „Arschloch im Wandschrank“. Es fällt leicht, sich einen Schwächeren, eine Minderheit oder einen weit Entfernten zu suchen, auf den man die Verantwortung für Probleme schieben kann: Die Ausländer sind Schuld an der Arbeitslosigkeit, der Islam ist Schuld an unseren Terrorängsten, der Russe ist Schuld an hohen Energiepreisen. Durch solche dämlichen Parolen vermeidet man langwierige Prozesse zur Problemanalyse und -Behebung.
Und gerade Religionen bieten durch ihre dogmatischen Ansichten und „merkwürdigen Rituale“ viel Angriffsfläche für solcherlei Anfeindungen. Warum gibt es nur immer wieder Menschen, die sich selbst viel zu ernst und wichtig nehmen und zudem keinen Hauch an Toleranz besitzen?