Ich erkunde meine neue Gegend. Ich habe ein Hotelzimmer in der Khaosan Road gemietet. Die Straße war das thailändische Mekka für Rucksacktouristen, die die kulturell reichhaltige Altstadt Bangkoks erkunden wollen. Von dieser romantischen Vorstellung ließ ich mich leiten, als ich meine Unterkunft wählte.

Meine Recherche war jedoch nicht vollständig, denn mittlerweile flipfloppen hier viele jugendliche und junggebliebene Touristen herum, die mal richtig die Sau rauslassen wollen. Die Straße ist eine Party- & Ballermann-Meile geworden. Mit dem „richtigen Thailand“ hat das hier nichts zu tun. Tja, blöd gelaufen 🙂

In der Straße befinden sich viele Bars und Clubs, in denen (gesetzlich beschränkt) bis 2 Uhr nachts die Bässe wummern. Zudem gibt es viele kleine Läden: An mein Hotel schließt ein Massagesalon an, daneben ein Reisebüro, eine Anzugschneiderei und ein Tattooladen. Die meisten der Läden wirken auf mich billig und unseriös. Zu meiner Überraschung finden sie jedoch zahlreiche Kundschaft … mit Ausnahme der Anzugschneiderei. Selbst die übermütigen, teils alkoholisierten Jugendlichen sehen bei 34° und Urlaubsstimmung keinen Bedarf für einen Anzug. Pff, die Jugend von heute hat einfach keinerlei Karriere-Bestreben! 😉

Auf der Straße sind viele Verkäufer unterwegs, bieten minderwertige T-Shirts, günstiges Street Food und frittierte Skorpione am Spieß. Bekanntlich tue ich mich mit Street Food schwer. An die Mutprobe Skorpion mag ich gar nicht erst denken.

Mein Hotel hat einen Pool auf dem Dach. Ich begebe mich gegen Sonnenuntergang dorthin. Zum Pool gehört auch eine erhöhte Dachterrasse, mit Ausblick auf Bangkok. Das gefällt mir. Ich besteige die Dachterrasse. Dort stehen bereits 3 Leute. Wir beachten uns nicht weiter. Ich stelle mich allein ans Geländer und genieße die Aussicht auf den Sonnenuntergang. Plötzlich stürmen 20 Polizisten die Terrasse und umzingeln die 3 Leute.

Ich stehe ungerührt am Geländer und tue unbeteiligt. Genauer gesagt balanciere ich auf dem schmalen Grat zwischen „unbeteiligt“ und „zu unbeteiligt“. Bisher halte ich mich gut. Niemand bemerkt mich.

Bei diesem hohen Polizeiaufwand muss es wohl um Drogenbesitz gehen. Der wird in Thailand sehr streng geahndet, mit hoher Gefängnisstrafe bis hin zur Todesstrafe. Mein schmaler Grat wirkt immer wackeliger, hält aber.

Ich nehme ein Surren über mir wahr. Ich schaue nach oben. Eine Drohne fliegt mehrere Meter über mir. Ich suche nach dem Steuermann. Einer der drei Umzingelten hält die „Zügel“ in der Hand. Die Polizisten weisen ihn an, die Drohne zu landen. Ah! Darum geht’s hier also. Der Drohnenpilot wird fotografiert und samt Fahrzeug beschlagnahmt. Die Zahl der anwesenden Polizisten nimmt ab.

Ich genieße immer noch den Ausblick auf den Sonnenuntergang, nun etwas entspannter. Einer der verbliebenen Polizisten stellt sich neben mich. Er fragt, wo ich herkomme. „Germany“ erwidere ich höflich und widme mich dann wieder dem Sonnenuntergang. „It’s so beautiful“ sage ich. Er schaut in Richtung Sonnenuntergang und schweigt für einige Sekunden. Dann holt er sein Handy heraus und macht ein Foto. Wir lächeln uns an.

In vielen Reise-Blogs heißt es: „Entweder man liebt die Khaosan Road oder man hasst sie“. Nun, wenn es denn schwarz oder weiß sein muss, tendiere ich eher zu letztem. Ich bin absolut kein Ballermann-Fan.

Nun ist das Hotelzimmer jedoch gebucht und bezahlt. Da muss ich jetzt wohl durch. Und das Zimmer ist glücklicherweise ruhig gelegen, in Richtung Hinterhof.


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